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Im Heft 5/2015, S. 50-69 brachte der Spiegel

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5/2015

als Titelgeschichte

Die letzten Zeugen

Interviews mit diesen 19 Zeugen des Konzentrationslagers Auschwitz


Angeregt durch die Wiener Burgtheater-Inszenierung "Die letzten Zeugen", in der Auschwitz-Überlebende von ihren Erinnerungen erzählen und die zu den herausragenden Theaterproduktionen des vergangenen Jahres gehört, haben SPIEGEL-Redakteure in den vergangenen anderthalb Monaten in Polen, Frankreich, Österreich, Israel, den USA und Deutschland 19 ehemalige Auschwitz-Häftlinge getroffen und deren Erinnerungen an die Zeit im Konzentrationslager in Form von Protokollen festgehalten.

(aus der Einleitung im Spiegel)


Vergleichbare journalistische Formen, Porträts etwa oder Gespräche, setzen voraus, dass Journalisten intervenieren, Sichtweisen zwar aufnehmen, andere aber dagegenstellen. In diesem Fall hielten sich die SPIEGEL-Leute zurück, ließen die Zeitzeugen reden, soweit keine Nachfragen nötig waren. Mit der Wahl des Protokolls als Form ist ein Signal verbunden: Ein Gespräch - im Wortsinn - über Auschwitz zu führen ist kaum möglich. Journalisten können Fragen stellen, das schon, aber sie können dem Geschilderten keine eigene Erfahrung gegenüberstellen, keine andere Ansicht.

Die Geschichtswissenschaft hat die Methode der Oral History, des ungehinderten Erzählenlassens, entwickelt, auch um herauszufinden, welche Gefühle sich bei Zeitzeugen mit historischen Ereignissen verbinden. Einige schaffen Distanz zu den Ereignissen über Ironie oder durch den Wechsel der Sprache zum Beispiel vom Deutschen ins Englische. Andere versuchen, den Gefühlen von damals so nahe wie möglich zu kommen, indem sie den körperlichen Ausdruck der Not beschreiben. "Ich hatte wie in Trance gehandelt", sagt ein Überlebender.

Auschwitz sah die Vernichtung der Häftlinge vor, die Überlebenden sind Ausnahmefälle. Insofern zeichnen die Protokolle weniger ein Bild dessen, was Auschwitz faktisch gewesen ist, als vielmehr ein Bild dessen, wie sich Erinnerung heute präsentiert, und zwar bei denjenigen, die die Ausnahme gewesen sind.

Historiker, Journalisten, aber auch Gerichte brauchen möglichst viele Zeugen, um einen Sachverhalt aufzuklären. Jede neue Erzählung vervollständigt das Bild, nach und nach stellt sich heraus, wer die Hauptverantwortlichen gewesen sind. Mehrere der vom SPIEGEL befragten Zeitzeugen kamen von sich aus auf Josef Mengele zu sprechen. Der SS-Lagerarzt in Auschwitz hat bei Selektionen Verwandte der Zeugen in den Tod geschickt, hat die Zeugen untersucht und grausame Experimente an ihnen vollzogen.

Viele der Zeitzeugen, die heute über die Erlebnisse sprechen, sind über Jahrzehnte nicht gehört worden, einige sahen sich aber auch nicht in der Lage, über die Exzesse der Entwürdigung zu reden. Inzwischen berichten die Zeitzeugen bereitwillig, gern sogar an Schulen, damit die jungen Leute wissen, was war und was nie wieder sein soll.

Aber was geschieht, wenn keiner der Überlebenden mehr berichten kann? Der Friedensnobelpreisträger und Auschwitz-Überlebende Elie Wiesel hat diese Frage vor ein paar Jahren in einem Beitrag für ein SPIEGEL-Buch so beantwortet: "Jeder, der heute einem Zeugen zuhört, wird selbst ein Zeuge werden."

Das Wissen um Auschwitz muss also von Generation zu Generation weitergegeben werden. Wissen heißt allerdings nicht verstehen. Denn wer sich als Zuhörer oder Leser tief in das Innere dieser Mordmaschine begibt, steht am Ende wieder vor einem Rätsel.




Artikel-Liste - -

zu Einzelnen[]

  • Holocaust-Überlebender Max Mannheimer: "Die Menschen haben aus Auschwitz nur sehr wenig gelernt"

SPIEGEL ONLINE - 28.01.2015 Eigentlich wollte er das Land seiner Peiniger nie wieder betreten - und lebt doch seit knapp 60 Jahren in Deutschland: Wie durch ein Wunder überlebte Max Mannheimer fünf Konzentrationslager. Besuch bei einem, der kein Held sein will. Von Katja Iken mehr...


  • Auschwitz-Überlebende Erna de Vries: "Umgebracht zu werden ist etwas anderes, als zu sterben"

SPIEGEL ONLINE - 27.01.2015 1943 überredete die damals 19-jährige Erna Korn Gestapo-Leute, sie nach Auschwitz zu deportieren. Sie wollte ihre Mutter nicht alleinlassen. Heute sagte sie: "Das habe ich nicht bereut. Nie! Ich hätte nie wieder froh werden können, wenn ich meine Mutter allein hätte fahren lassen." mehr...


  • Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano: "Eine Bestie, ein widerlicher Kerl"

SPIEGEL ONLINE - 27.01.2015 Esther Bejarano wurde 1943 in einem Viehwaggon ins KZ Auschwitz gebracht. Ein Akkordeon rettete ihr das Leben. Hier berichtet sie, wie das möglich war. mehr...


  • Auschwitz-Überlebende Frieda Tenenbaum: "Wir dienten Mengeles sogenannter Zwillingsforschung"

SPIEGEL ONLINE - 27.01.2015 Frieda Tenenbaum kam im Juli 1944 als Zehnjährige nach Auschwitz. Sie überlebte, obwohl Kinder in dem KZ in der Regel gleich umgebracht wurden. Das Mädchen war in Mengeles Zwillingsbaracke untergebracht - obwohl sie gar kein Zwilling war. mehr...


  • Auschwitz-Überlebender Jehuda Bacon: "Es ist kalt, Kinder, ihr könnt runtergehen ins Krematorium"

SPIEGEL ONLINE - 27.01.2015 Jehuda Bacon kam als Kind ins KZ Auschwitz und wurde Zeuge des Massenmordes. In den Gaskammern sah er die Duschköpfe, die nicht einmal Löcher hatten. Seine Beobachtungen hat er damals gezeichnet. Bitte schalten Sie den Ton an! mehr...


  • Auschwitz-Überlebender Kazimierz Albin: "Wir robbten immer ein Stück weiter. So entkamen wir ihnen endlich"

SPIEGEL ONLINE - 27.01.2015 Im Juni 1940 wurde Kazimierz Albin nach Auschwitz gebracht, drei Jahre später gelang ihm die Flucht aus dem KZ. Im Widerstand gehörte es dann zu seinen Aufgaben, Kollaborateure und Funktionäre hinzurichten. mehr...


  • Die Auschwitz-Überlebende Marta Wise schildert auch die Menschenversuche des SS-less Mengele.

Zum Erscheinen der Ausgabe []

Der Spiegel/print Ausgabe 2015-5


Ersch.datum: Samstag, 24. Jan. 2015. Diese Ausgabe gibt es mit acht verschiedenen Titel-Bild-Varianten. Je einem Portätfoto von einigen der interviewten Personen.

Die Redakteure Susanne Beyer und Martin Doerry haben nach der Info des Verlags aus den 19 Protokollen "einen sehr persönlichen und bewegenden Beitrag zusammengestellt, in dem nur die Überlebenden zu Wort kommen."


Die letzten Zeugen


Am 27. Januar jährt sich die Befreiung des größten Vernichtungslagers in Auschwitz-Birkenau zum 70. Mal. Der SPIEGEL hat sich zu diesem Anlass von 19 ehemaligen KZ-Häftlingen, die meisten an die 90 Jahre alt oder älter, ihre Geschichte, ihr Leiden erzählen lassen.

Frieda Tenenbaum aus Polen beispielsweise, mit 80 Jahren eine der Jüngsten, hatte das Glück zu überleben, sagt sie - ein relatives Glück, gemessen an dem Trauma, das blieb. Sie gehören zu den letzten Zeugen, die aus eigenem Erleben vom Überleben in dieser Vernichtungsmaschinerie berichten können, und es werden immer weniger. Es sind berührende Berichte, ein bewegendes Stück Zeitgeschichte, das für unsere Kinder und Enkel zu einem historischen Zeugnis werden wird.



Separate Broschüre[]

DER SPIEGEL 5/2015: Die letzten Zeugen Broschiert – 28. Januar 2015 von Klaus Brinkbäumer (Autor), Clemens Höges (Autor). Broschiert: 140 Seiten, SPIEGEL-Verlag (28. Januar 2015. ASIN B00QTKMW56



Noch bearb:

(http://www.sueddeutsche.de/muenchen/kz-befreier-david-dushman-der-mann-der-den-zaun-von-auschwitz-niederwalzte-1.2321968-3)


KZ-Überlebende berichten Weitere Texte, Interviews und Zeitzeugen-Protokolle:

"Ich sah Leichen, die angezündet wurden" - KZ-Überlebende Magda Hollander über Auschwitz-Birkenau.

Zeitzeuge Yehuda Bacon erinnert sich an kindliche Witze und an die Hoffnungslosigkeit im KZ Auschwitz.

Zeitzeuge Isak Wasserstein schildert, wie er mit viel Glück neun Konzentrationslager überlebt hat.

"Frau mit Brille? Ins Gas!" - Was Holocaust-Überlebende Lisa Miková im KZ Auschwitz sehen musste.

Polens Ex-Außenminister Władysław Bartoszewski erinnert sich an den NS-Terror in Polen während des Zweiten Weltkriegs.

"Wie Blut den Schnee rot färbte" - Maurice Cling musste in Auschwitz Latrinen leeren und überstand einen Todesmarsch.

Marko Feingold kam als Erwachsener ins KZ - und scheute in der KZ-Hölle den Suizid, weil er Angst vor Schmerzen hatte.

Zeitzeugin Michaela Vidláková über Kindheitsjahre im KZ Theresienstadt ihre Begegnungen mit deutschen Schülern und den Wert von Scham.

David Dushman: Der Mann, der den Zaun von Auschwitz niederwalzte

Die letzten Zeugen, Burgtheater Wien []

Es gibt von Doron Rabinovici und Matthias Hartmann im Wiener Burgtheater 2013 und 2014 ein ist ein viel beachtetes Theaterprojekt zur Shoah. In Anwesenheit von sechs Überlebenden der NS-Judenverfolgungen lasen Schauspieler  deren Texte. Gegen Ende des Abends traten die inzwischen hoch betagten Zeitzeugen an die Rampe und sprachen einige persönliche Worte. In einem zweiten Teil des Abends konnte das Publikum im Foyer Fragen an diese Zeitzeugen richten.[]

Andere, vergleichbare Projekte in diesem Jahr:[]

  • BILD, 12 AUSCHWITZ-ÜBERLEBENDE ERZÄHLEN s u)

Zeugen aus den KZ in der Kunst[]

Rezeption, Siehe auch

  • Hans-Werner Kroesinger: Die geretteten Kinder - Eine Lebensreise. (Die Kindertransporte 1938/39 aus NS-Deutsch- nach England. Kroesinger hat zwanzig bis fünfundzwanzig Erlebnisberichte von älteren Erwachsenen, damals betroffene Kinder, unter Mithilfe seiner Dramaturgin Karola Marsch und seines vierköpfigen Ensembles, zu einem Dokumentartheaterstück montiert. In einer HDer Inszenierung sind die acht Erzähler nicht "nur" Vermittler vieler Schicksale sondern wirken wie Vermittler des eigenen Schicksals.)
    • Die [xxxx Kindertransporte bei Wikipedia]
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